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Satzung über die Aufgaben und die Nutzung des Stadtarchivs Hungen

Gemäß § 5 der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) i.d.F. der Bekanntmachung vom 7.3.2005 (GVBl. I S. 142), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 11. Dezember 2020 (GVBl. S. 915), i.V.m. § 18 des Hessischen Archivgesetzes (HArchivG) vom 13. Oktober 2022 (GVBl. S. 493), hat die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Hungen am 7.11.2023 folgende Archivsatzung beschlossen:

§ 1 Geltungsbereich, Begriffsbestimmungen

(1) Diese Satzung regelt den Umgang mit und die Nutzung von öffentlichem Archivgut der Stadt Hungen.

(2) Öffentliches Archivgut sind alle Unterlagen der Stadt Hungen oder sonstigen anbietungspflichtigen städtischen Stellen bzw. Rechtspersönlichkeiten,

1. für die das Archiv die Archivwürdigkeit festgestellt hat,

2. die dem Archiv übergeben wurden und

3. die vom Archiv zu Archivgut umgewidmet wurden.

Als öffentliches Archivgut gelten auch archivwürdige Unterlagen, die das Archiv zur Ergänzung seines Archivguts gesammelt, erworben oder übernommen hat.

(3) Unterlagen sind alle Schrift-, Bild- und Tondokumente sowie andere Informationsobjekte unabhängig von ihrem Trägermaterial oder Speicherungsform sowie alle Hilfsmittel und ergänzende Daten für ihre Ordnung, Nutzung und Auswertung.

(4) Archivwürdig sind Unterlagen, die von bleibendem Wert sind

1. aufgrund ihrer politischen, rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedeutung für die Erforschung und das Verständnis von Geschichte und Gegenwart

2. für die Sicherung berechtigter Interessen der Bürgerinnen und Bürger

3. für die Rechtswahrung oder die auf Grund von Rechtsvorschriften dauernd aufzubewahren sind.

§ 2 Stellung und Aufgaben des Archivs

(1) Die Stadt Hungen unterhält ein Archiv.

(2) Das Stadtarchiv hat die Aufgabe, bei städtischen Stellen angefallene Unterlagen, die zur Aufgabenerfüllung nicht mehr benötigt werden, nach Feststellung der Archivwürdigkeit gemäß § 3 Abs. 6 zu archivieren.

(3) Die Archivierung umfasst die Aufgaben, die Archivwürdigkeit von Unterlagen festzustellen, diese zu übernehmen, sie sachgemäß aufzubewahren, dauerhaft zu sichern, deren Integrität und Authentizität zu bewahren sowie sie zu erhalten, instand zu setzen, zu erschließen, verfügbar zu machen und für die Nutzung bereitzustellen.

(4) Als städtische Stellen gelten auch

1. städtische Eigenbetriebe sowie

2. juristische Personen des Privatrechts, wenn sie nicht am wirtschaftlichen Wettbewerb teilnehmen und der Stadt mehr als die Hälfte der Anteile oder Stimmen zusteht.

(5) Das Stadtarchiv ist an allen grundsätzlichen Fragen zu beteiligen, die Folgen für eine mögliche spätere Archivierung der Unterlagen haben (z. B. Aktenplan, Aktenordnung, Einsatz von Recyclingpapier, Einsatz von Mikrofilmen, Einführung und Änderung technischer Systeme zur Erstellung und Speicherung von Unterlagen).

(6) Das Stadtarchiv kann Dokumentationsmaterialien zur Ergänzung seines Archivguts sammeln. Es kann Archivgut privater Herkunft aufnehmen.

(7) Das Stadtarchiv trägt zur Erforschung und Kenntnis der Stadtgeschichte bei.

§ 3 Anbietung, Bewertung und Übernahme von Unterlagen

(1) Die städtischen Stellen sind verpflichtet, alle Unterlagen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich sind und deren Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind, auszusondern. Die Stellen prüfen in regelmäßigen Abständen, mindestens aber alle zwei Jahre, welche Teile ihrer Unterlagen für die laufenden Dienstgeschäfte nicht mehr benötigt werden. Unterlagen sind dabei spätestens 30 Jahre nach ihrer Entstehung auszusondern, soweit nicht Rechtsvorschriften andere Aufbewahrungsfristen bestimmen.

(2) Ausgesonderte Unterlagen sind von der abgebenden Stelle mit einer Anbietungsliste dem Archiv vollständig zur Übernahme anzubieten. Anzubieten sind auch Unterlagen,

1. die besonderen Rechtsvorschriften über Geheimhaltung oder des Datenschutzes unterworfen sind,

2. die aufgrund besonderer Vorschriften in der Verarbeitung hätten eingeschränkt, gelöscht oder vernichtet werden müssen,

3. sowie Daten nach Art. 9 und 10 der Verordnung (EU) Nr. 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. EU Nr. L 119 S. 1, Nr. L 314 S.72) enthalten.

(3) Dem Stadtarchiv sind auch Belegstücke sämtlicher Veröffentlichungen und amtlicher Drucksachen der Stadt sowie die ausgesonderten Bücher aus den Dienstbibliotheken der städtischen Stellen anzubieten.

(4) Technische Kriterien für die Übernahme digitaler Unterlagen (insbes. Dateiformate, Form der Übermittlung) legen die anbietende Stelle und das Stadtarchiv vorab im Grundsatz fest.

(5) Auf die Anbietung von offensichtlich nicht archivwürdigen Unterlagen und Daten darf nur im Einvernehmen mit dem Stadtarchiv verzichtet werden.

(6) Das Stadtarchiv entscheidet über die Archivwürdigkeit der ausgesonderten Unterlagen (Bewertung) und die Übernahme in das Stadtarchiv. Zur Feststellung der Archivwürdigkeit ist dem Archiv auch vor Ablauf der Aufbewahrungsfristen Einsicht in die Unterlagen der abgebenden Stelle zu gewähren.

(7) Die abgebende Stelle hat die Unterlagen unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb eines Jahres mit einer Abgabeliste an das Archiv zu übergeben. Mit der Übernahme gehen die Unterlagen in die ausschließliche Verfügungsgewalt des Stadtarchivs über. Die Abgabeliste ist dauernd aufzubewahren.

§ 4 Vernichtung von Unterlagen

Die städtischen Stellen dürfen Unterlagen nur vernichten oder Daten nur löschen, wenn das Stadtarchiv die Übernahme abgelehnt oder nach § 3 Abs. 5 auf eine Anbietung verzichtet hat.

§ 5 Nutzung des Archivgutes

(1) Die Nutzung des Archivgutes nach Maßgabe der Archivsatzung steht jeder Person zu, soweit sich aus Rechtsvorschriften oder Vereinbarungen mit Eigentümerinnen oder Eigentümern Archivguts privater Herkunft nichts anderes ergibt.

(2) Arten der Nutzung:

1. Archivgut wird grundsätzlich durch persönliche Einsichtnahme im Archiv genutzt.

2. Zusätzlich ist eine mündliche oder schriftliche Auskunftserteilung möglich, die eine Vorlage oder Abgabe von Reproduktionen gemäß der Gebührenordnung einschließen kann.

3. Die schriftliche oder mündliche Auskunftserteilung kann sich auf Hinweise zu einschlägigem Archivgut beschränken.

4. Über die Art der Nutzung entscheidet das Archiv. Ein Anspruch auf Vorlage von Archivgut in der ursprünglichen Überlieferungsform besteht grundsätzlich nicht.

(3) Über die Erteilung der Nutzungsgenehmigung und die Art der Nutzung entscheidet das Stadtarchiv auf der Grundlage der Archivsatzung.

§ 6 Nutzungsantrag

(1) Die Nutzung ist schriftlich/online [bei Nutzung eines Online-Antrags oder Portals, z.B. Arcinsys] zu beantragen. Die Nutzerin oder der Nutzer hat sich auf Verlangen auszuweisen.

(2) In dem Nutzungsantrag ist anzugeben:

1. Name, Vorname, Anschrift und Geburtsdatum der Antragstellerin oder des Antragstellers,

2. Name, Vorname und Anschrift der Auftraggeberin oder des Auftraggebers, wenn die Nutzung im Auftrag erfolgt,

3. das Nutzungsvorhaben mit zeitlicher und sachlicher Eingrenzung,

4. ggf. die Absicht der Veröffentlichung.

(3) Für jedes Nutzungsvorhaben ist ein eigener Nutzungsantrag zu stellen.

(4) Die Nutzerin oder der Nutzer hat sich zur Beachtung der Archivsatzung zu verpflichten und die Kenntnisnahme der Hinweise zum Datenschutz zu bestätigen.

§ 7 Schutzfristen

Die Nutzung von Unterlagen, die einer Schutzfrist oder Nutzungseinschränkung unterliegen, richtet sich nach § 7 Abs. 2, § 8 und § 9 HArchivG. Für die Veröffentlichung von Erschließungsdaten im Internet wird die Anwendung der für das Hessische Landesarchiv geltenden Rechtsgrundsätze in ihrer jeweils gültigen Fassung empfohlen.

§ 8 Einschränkung oder Versagung der Nutzungsgenehmigung

(1) Die Nutzung von Archivgut ist einzuschränken oder zu versagen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass

1. dem Wohl der Stadt Hungen, dem Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder der Länder wesentliche Nachteile erwachsen,

2. schutzwürdige Belange Betroffener oder Dritter beeinträchtigt werden oder

3. Vereinbarungen mit der Eigentümerin oder dem Eigentümer Archivguts privater Herkunft entgegenstehen.

(2) Darüber hinaus kann die Nutzung auch eingeschränkt oder versagt werden, wenn

1. die Antragstellerin oder der Antragsteller schwerwiegend gegen die Archivsatzung verstoßen oder ihr/ihm erteilte Auflagen nicht eingehalten hat,

2. der Ordnungszustand des Archivgutes eine Nutzung nicht zulässt,

3. der Erhaltungszustand des Archivgutes gefährdet werden würde oder

4. durch die Nutzung ein nicht vertretbarer Verwaltungsaufwand entsteht.

(3) Die Nutzungsgenehmigung kann mit Bedingungen und Auflagen versehen werden. Dies gilt insbesondere, wenn gesetzliche Schutzfristen nach § 7 verkürzt werden oder wenn eine Vereinbarung mit der Eigentümerin oder dem Eigentümer Archivguts privater Herkunft vorliegt.

(4) Die Nutzungsgenehmigung kann widerrufen oder zurückgenommen werden, insbesondere wenn:

1. Angaben im Nutzungsantrag nicht oder nicht mehr zutreffen,

2. nachträglich Gründe bekannt werden, die zur Versagung der Nutzung geführt hätten,

3. die Nutzerin oder der Nutzer schwerwiegend gegen die Archivsatzung verstößt oder ihr/ihm erteilte Auflagen nicht einhält oder

4. die Nutzerin oder der Nutzer Urheber- und Persönlichkeitsschutzrechte sowie schutzwürdige Belange Betroffener nicht beachtet.

§ 9 Ort und Zeit der Nutzung

(1) Das Archivgut wird während der festgesetzten Öffnungszeiten in den dafür bestimmten Räumen zur Einsichtnahme vorgelegt.

(2) Das Betreten der Magazine durch Nutzerinnen und Nutzer ist untersagt.

(3) Die Nutzerin oder der Nutzer hat sich im Nutzungsraum so zu verhalten, dass andere Personen nicht behindert oder belästigt werden. Zum Schutz des Archivgutes ist es insbesondere untersagt, im Nutzungsraum zu rauchen, zu essen oder zu trinken. Taschen, Mäntel und dergleichen dürfen nicht in den Nutzungsraum mitgenommen werden.

§ 10 Vorlage von Archivgut

(1) Archivgut ist sorgfältig zu behandeln und in gleicher Ordnung und in gleichem Zustand, wie es vorgelegt wurde, spätestens am Ende der jeweiligen Öffnungszeit wieder zurückzugeben. Es ist untersagt, die Reihenfolge der Dokumente zu verändern, Bestandteile des Archivguts zu entfernen, Vermerke im Archivgut anzubringen oder vorhandene zu tilgen sowie Archivgut als Schreib- oder Durchzeichnungsunterlage zu verwenden.

(2) Bemerkt die Nutzerin oder der Nutzer Schäden an dem Archivgut, so hat sie/er dies unverzüglich dem Aufsichtspersonal anzuzeigen.

(3) Das Stadtarchiv kann den Umfang des gleichzeitig vorzulegenden Archivgutes beschränken; es kann die Bereithaltung zur Nutzung zeitlich begrenzen.

(4) Auf die Versendung von Archivgut zur Nutzung außerhalb des Stadt- besteht kein Anspruch. Archivgut kann zu Ausstellungszwecken auf Kosten der Ausleihenden ausgeliehen werden. Die Ausleihe kann von Auflagen abhängig gemacht werden. Für die Ausleihe zu Ausstellungszwecken ist ein Leihvertrag abzuschließen.

§ 11 Reproduktionen und Editionen

(1) Die Stadt kann gestatten, dass von Archivgut Reproduktionen angefertigt und publiziert werden und dass Archivgut für Editionen verwendet wird. Die Reproduktionen dürfen nur für den freigegebenen Zweck unter der Angabe der Quelle (mindestens Archiv, Signatur) verwendet werden. Veränderungen, Bearbeitungen und sonstige Abwandlungen bereitgestellter Daten sind mit einem Veränderungshinweis in der Quellenangabe zu versehen.

(2) Bei Reproduktionen und Editionen von Archivgut privater Herkunft ist die Einwilligung der Eigentümerin oder des Eigentümers einzuholen.

§ 12 Auswertung des Archivgutes

(1) Die Nutzerin oder der Nutzer hat bei der Auswertung der aus dem Archivgut gewonnenen Erkenntnisse die Rechte der Stadt sowie die Urheber- und Persönlichkeitsrechte Dritter zu wahren. Sie/Er hat die Stadt auf Verlangen von Ansprüchen Dritter durch schriftliche Erklärung freizustellen.

(2) Bei der Veröffentlichung aus dem Archivgut gewonnener Erkenntnisse ist die Quelle (mindestens Archiv, Signatur) anzugeben.

§ 13 Rechte Betroffener

Das Recht Betroffener auf Auskunft aus dem Archivgut und auf Berichtigung von Unterlagen richtet sich nach § 10 HArchivG.

§ 14 Haftung

(1)Die Nutzerin oder der Nutzer haftet für die von ihr/ihm verursachten Verluste oder Beschädigungen des überlassenen Archivgutes sowie für sonstige bei der Nutzung des Stadtarchivs/Gemeindearchivs verursachte Schäden. Dies gilt nicht, wenn die Nutzerin oder der Nutzer nachweist, dass sie/ihn kein Verschulden trifft.

(2)Die Stadt haftet bei der Vorlage von Archivgut oder Reproduktionen nur für Schäden, die auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen sind.

§ 15 Gebühren und Auslagen

(1)Die Erhebung von Gebühren und Auslagen richtet sich nach der Verwaltungsgebührensatzung der Stadt.

(2)Bei der Nutzung des Archivgutes für wissenschaftliche, ortsgeschichtliche oder Unterrichtszwecke kann auf die Erhebung von Gebühren verzichtet werden.

§ 16 Inkrafttreten

Diese Archivsatzung tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft. Die bisherige Archivsatzung vom 29. Oktober 2012 tritt mit dem gleichen Zeitpunkt außer Kraft.


Hungen, den 15.11.2023 →→→→→→→→→→→→ →→→


Der Magistrat der Stadt Hungen


gez.

Wengorsch

Bürgermeister

Wengorsch